Morgens kommt ein Ranger vorbei und erzählt uns, dass gestern ein Bär auf dem Zeltplatz versucht hat, in eine der Metallboxen zu kommen, in denen man sein Essen verstauen soll. Im Laufe des Gesprächs lernen wir, dass die Schwarzbärpopulation hier in Yosemite ihre Eigenarten hat. Sie sind zum Beispiel sehr friedfertig. Der Ranger weiß von keinem Fall, in dem ein Bär einen Menschen auch nur verletzt hat. (Abgesehen von letzte Woche, als ein Bär ein Pferd so erschreckt hat, dass es seine Reiterin abgeworfen hat.) Dafür weiß er von zwei Toten durch Ehe zu berichten. Während man in allen anderen Nationalparks sein Essen über Nacht im Auto verstauen sollte, darf man es hier explizit nicht tun, da sich die hiesigen Bären auf Autos knacken spezialisiert haben. Jedes Jahr wird hier im Park in über hundert Autos eingebrochen. Letztens soll man in allen anderen Parks Abstand von Bären halten und sie in Ruhe lassen. Hier soll man sie erschrecken und laut rufend auf sie zugehen, zumindest in der Nähe von Zeltplätzen oder ähnlichem, damit sie ihre natürliche Scheu vor Menschen behalten und es sich nicht in unserer Nähe gemütlich einrichten.
Phileas hat Vorgestern auf der Radtour entschieden, dass er Wandern gehen will, und uns damit auch Gestern in den Ohren gelegen. Also versuchen wir an unserem letzten Tag hier noch ein Stück zu laufen. Nach dem üblichen sehr späten Start brechen wir wieder mit den Rädern auf, um zu einem Startpunkt zu kommen. Unterwegs, als Romy gerade mit Mika auf der Toilette verschwunden ist, ruft Phileas plötzlich: "There's a bear!" Und tatsächlich trottet gerade vielleicht hundert Meter von uns entfernt ein verzottelter Bär über den Radweg. Ich lästige noch ein Stück hinterher, um ihn näher zu sehen, dann ist er auch schon wieder im Busch auf der anderen Seite verschwunden.
Mika ist heute leider langsamer als sonst, so dass wir erst gegen vier loslaufen. Wir wollen ein Stück den Berg hoch zu den Yosemite Falls, die zu den höchsten Wasserfällen der Erde zählen. Leider ist der Bach der sie speist im Moment trocken, so dass wir die Kinder nicht mit der Aussicht auf einen Wasserfall locken können. Da schon unten am Startpunkt wieder wunderbar zum Klettern geeignete Blöcke liegen, ist Strecke machen von Anfang an zweitrangig.
Hier liegt auch der Zeltplatz der Kletterer. Es macht schon ein bisschen wehmütig, hier so viele Leute zu sehen, die zum Klettern in richtig großen Wänden losziehen, während wir schon seit Jahren hoffen, dass wir bald mal wieder mehr zum Klettern kommen werden.
Nachts werden wir von lautem Klopfen auf Metall geweckt. Da versucht wohl schon wieder ein Bär an essen zu kommen. Wir gehen nach draußen, können aber in der Dunkelheit nichts erkennen. Er muss wohl ein paar Parzellen weiter sein. Irgendwo ruft auch noch jemand mehrmals: "Go away!", dann ist wieder Ruhe. |