Helsport, unsere Zeltmarke, hat sich noch in der Nacht bei uns gemeldet und uns ohne weitere Nachfragen zugesagt, direkt einen neuen Satz stangen zu schicken. So geht guter Service, da könnte sich unser Anhängerhersteller mal eine Scheibe von abschneiden.
Auch die heutige Nacht war nicht viel besser, obwohl wir versucht hatten, dass Zelt ein bisschen aus dem Wind zu nehmen. Und es stürmt immer noch. Trotzdem wollen wir nicht noch eine Nacht hier verbringen und entscheiden uns, weiter zu fahren.
Der Wind kommt, wie schon die ganze Zeit, aus Westen. Wir wollen Richtung Süden, dass heißt, wir haben Seitenwind. Sobald wir aus dem Zeltplatz raus sind, fällt das Fahren sehr schwer. Man muss sich konzentrieren, die Spur zu halten und kommt mit etwa zehn bis zwölf km/h voran. So wird das heute nichts bis zu unserem Tagesziel, dem Waterton National Park in 50 km Entfernung. Aber am Ortsausgang ist noch Twin Butte in 27 km Entfernung angeschrieben, vielleicht werden wir ja einfach dort bleiben.
Pincher Creek liegt in einer kleinen Senke innerhalb einer größeren Geländevertiefung, und nach dem Ortsausgang geht es bergauf. Mit jedem Meter, den wir höher kommen, wird der Wind noch stärker. Als wir die kleine Senke verlassen haben, fahre ich noch Schrittgeschwindigkeit, und muss alle Kraft aufwenden, vom Wind nicht auf die Straße getrieben zu werden. Als ich mich umsehe, schiebt Romy, und auch das nur mit Mühe. Und wahrscheinlich würde es außerhalb der großen Senke noch schlimmer werden.
Alleine hätte ich Spaß daran, mich durch diese Bedingungen zu kämpfen, aber mit den Kindern ist das nichts, schon allein, nicht nur wegen der Gefahr, sondern auch, weil sie viel zu lange im Anhänger sitzen müssten. Und auch um Romy mache ich mir sorgen, sie ist einfach nochmal 30 kg leichter als ich, und wird deswegen noch viel mehr verweht.
Also geben wir nach zwei gefahrenen Kilometern auf. Wir würden aber trotzdem gerne nach Waterton, und versuchen deshalb einen Pickup anzuhalten, damit er uns mitnimmt. Es ist aber kaum Verkehr, und außerdem schwer zu erkennen, ob der Pickup dann wirklich groß genug ist. Deswegen machen wir erstmal Mittagspause, im Straßengraben, um etwas Windschutz zu haben.
Während wir essen, kommt der Campingplatzbesitzer mit seinem Pickup vorbei. Er hatte uns schon gestern und bei der Abfahrt zur Vorsicht gemahnt. Jetzt meint er, er hat unsere Fahrräder stehen sehen und wollte nachgucken, ob alles in Ordnung ist. Dann bietet er uns an, uns nach Waterton zu bringen.
Dieses Angebot kommt wie gerufen, und so sitzen wir kurze Zeit später in seinem Pickup und fahren Richtung Waterton. Somit hat die Tour ihre weiße Weste verloren, ab heute können wir nicht mehr sagen, dass wir alles mit dem Fahrrad gefahren sind. Während der Fahrt erzählt uns unser Fahrer immer wieder, an welchen Hügeln man häufig Grizzlies sieht und dass sie von Farmern regelmäßig abgeknallt werden, weil sie in Kornlager einbrechen. Außerdem stimme es gar nicht, dass es nur noch wenige gibt.
Beim Gate am Eingang des Nationalparks setzt er uns ab und die letzten paar Kilometer müssen wir selbst fahren. Schon während der Fahrt war die Landschaft wunderschön, saftig grüne Hügel vor steilen Bergen. Hier im Nationalpark kommen auch noch tiefblaue Seen dazu, und wir sind auch wieder direkt zwischen den Bergen.
Eigentlich wollte ich zum Campground im Red Rock Canyon, aber wir verpassen eine Abzweigung, und das merke ich erst, als wir schon fast in dem Örtchen Waterton sind. So werden die Pläne umgestellt und wir beziehen Quartier auf dem dortigen Zeltplatz. |