Unsere Nachbarn hatten gestern auch mitbekommen, dass wir auf der Suche nach Essbarem sind und bringen uns noch eine Tüte mit Äpfeln, Orangen, Müsliriegeln und anderen Süßigkeiten vorbei. Mit dieser Ergänzung zu unseren Vorräten werden wir bis St. Mary keine Probleme haben.
Wir wurden schon vorgewarnt, es geht wieder dreihundert Höhenmeter bergauf zur Grenze. Da es noch früh am Tag ist, laufen sie besser als gestern, auch wenn wir nach kurzer Zeit schon wieder durchgeschwitzt sind. Dann sind wir am Grenzposten. Wir warten ein wenig damit wir nicht ganz so sehr vor Schweiß triefen. Den Grenzer fragen wir dann freundlich, ob wir etwas mehr als sechs Monate bekommen könnten. Seiner Meinung nach ist das gar nicht möglich, aber wir müssen eh nach drinnen, um unsere Pässe abfertigen zu lassen und sollen dort nochmal fragen. Der Beamte drinnen sieht aus, wie man sich US-Grenzer so vorstellt: groß, durchtrainiert, mit Sonnenbrille, Waffe an der Hüfte und abweisend.
Als wir für die Ausstellung unseres US-Visums am Konsulat in München waren, sollten jede Menge Dokumente mitbringen: Nachweise über ein Beschäftigungsverhältnis, über ausreichend Geldmittel, über einen Fortbestand des Wohnsitzes in Deutschland, usw. Damals war das alles umsonst, niemand wollte sie sehen. Hier bekommen wir jetzt die ganzen Fragen gestellt. Romy holt noch die Flugtickets hervor, aus denen das Rückflugdatum hervorgeht. Wir scheinen ausreichend glaubwürdig zu sein. Dann muss er noch die Zustimmung seines Vorgesetzten einholen, und wir bekommen sechs Monate und zwei Wochen Aufenthaltsdauer bewilligt.
Hinter der Grenze geht es sehr hügelig weiter, aber wir werden belohnt mit einem tollen Blick ins Nichts, d.h. ins grasige Hügelland Montanas. Im Örtchen Babb halten wir nochmal am Spielplatz der hiesigen Grundschule an. Hier sind wir endgültig im Cowboyland angekommen. Vor der Schule steht eine überlebensgroße Statue eines berittenen Kuhhirten und auf dem Spielplatz finden sich zu Hauf die Hinterlassenschaften ihrer lebendigen Gegenstücke.
In St. Mary angekommen suchen wir erstmal den dringend benötigten Supermarkt auf. Unser Gastgeber aus Valemount, Tom, hatte uns erzählt, dass in den USA alles deutlich billiger sei als in Kanada. So ist die Enttäuschung erstmal groß, denn auf großer Fläche findet sich eine unglaublich schlechte Auswahl (z.B. keine Butter, kein Gemüse außer Zwiebeln, fast kein Käse) zu unglaublich hohen Preisen. Wir kaufen erstmal nur das nötigste für heute Abend und werden versuchen, eine Alternative zu finden. Und morgen wollen wir ja eh hier bleiben.
Nach dem langen heißen und hügeligen Tag hätten wir uns gerne mal ein Hotel gegönnt, aber das einzige im Ort ist komplett ausgebucht für heute Nacht (es ist mal wieder Wochenende). Zum Glück ist wenigstens der Zeltplatz nicht voll, wenn auch mit fast dreißig Dollar vollkommen überteuert und nicht sonderlich schön. |