Heute scheint die Sonne wieder von einem strahlend blauen Himmel, so wie wir es vor dem Kälteeinbruch in Helena lange gewohnt waren. Aber man merkt deutlich, dass es nicht mehr so heiß ist. Im Schatten der Mittagspause ist es sogar so kalt, dass wir unser Fleece anziehen müssen. Aus Deutschland hatten wir jetzt mehrfach gehört, dass so langsam der Herbst kommt. Bis vor ein paar Tagen konnte ich das für Montana noch nicht behaupten, es gab eigentlich nur heiße Tage und laue Nächte. Aber jetzt merkt man doch, dass auch hier der Sommer langsam vorbei geht.
Die Strecke heute ist sehr flach. Im breiten, trockenen Tal des Missouri geht es flussaufwärts. Zu beiden Seiten werden die riesigen Weizenfelder von Bergen begrenzt, auf deren Gipfeln der erste frischgefallene Schnee des Jahres glänzt. Nach ca. 12 km kommt die erste leichte Biegung in der Straße, bei der zweiten, in Toston machen wir Mittagspause. Der Ort ist so klein, dass das einzig bemerkenswerte daran ist, dass während des Goldrausches vor über hundert Jahren für fünf Jahre eine Erzschmelze in Betrieb war. Auch einen Spielplatz gibt es leider nicht, aber immerhin eine Post, von der wir Phileas seine alten Sandalen heimschicken können. So langsam macht sich die Zeit bemerkbar, sowohl Mika als auch Phileas sind aus ihren Sandalen herausgewachsen und mussten neue bekommen.
Nach Toston geht es dann doch etwas bergan, weil der Missouri sich hier zwischen engen Hügeln hindurchzwängt und wir ihm dort nicht direkt folgen können. Das ganze Tal scheint eine schiefe Ebene zu sein, denn weiterhin ist alles flach, nur, dass wir nicht mehr ganz so schnell fahren können. Bei unserer Nachmittagspause nach über dreißig Kilometern können wir immer noch den nicht gerade monumentalen Wasserturm von Townsend sehen, an dem wir heute morgen gestartet sind.
Heute spürt man zum ersten Mal so richtig, wie riesig und leer dieses Land ist. Montana ist etwas größer als Deutschland, hat aber nur etwa eine Million Einwohner statt über achtzig. Und so gibt es hier trotz der Zersiedelung riesige leere Flächen und auch nur relativ wenige Straßen, die mehr sind als Schotterpisten.
Nach zwei weiteren Kurven, einer Abfahrt und ein paar unschönen Überholmanövern auf einer Straße ohne Seitenstreifen sind wir dann in Three Forks. Hier beginnt der Missouri, durch die Vereinigung seiner drei Quellflüsse, des Jefferson River von Westen, des Madison River von Süden, und des Gallatin River von Osten, dem wir morgen Richtung Bozeman folgen werden.
Zum ersten Mal seit Columbia Falls und zum zweiten Mal überhaupt in den USA ist der Campingplatz in etwa das, was man sich auch in Deutschland unter einem Campingplatz vorstellt: in einem schattigen, umzäunten Gelände befinden sich kleine Parzellen auf schönem Rasen. Es gibt Warmwasser, Duschen, ein Abspülbecken, WLAN, und sogar einen Spielplatz. Es muss nicht immer sein, aber es wäre doch schön, etwas häufiger auf so einem Zeltplatz zu nächtigen. |