Phileas stalkt die Freunde schon, die er gestern gemacht. Obwohl niemand zu sehen ist, geht er auf ihren Platz und versucht, einen Blick ins Wohnmobil zu erhaschen. Als ich ihm sage, er solle nicht auf anderer Leute Stellplätze gehen, steht er zusammen mit Mika einfach auf der Straße direkt davor und wartet.
Wir spüren beide noch den gestrigen Tag in den Beinen, von daher ist schnell klar, dass wir gar nicht versuchen werden heute nach Lake Louise zu kommen. Das Essen sollte jetzt gerade so auch für einen sechsten Tag reichen, von daher lassen wir es gemütlich angehen.
Über den Pass müssen wir trotzdem rüber. Die Sonne scheint kräftig, und so versuchen wir, möglichst schnell oben zu sein, damit die Kinder nicht länger als nötig ohne Fahrtwind im Anhänger schmoren.
Oben kurz vor der Passhöhe stehen ein paar Autos auf dem Seitenstreifen und gucken ins Gebüsch auf der anderen Seite. Da es immer noch deutlich bergauf geht, dauert es noch ein, zwei Minutenbis ich tatsächlich herangefahren bin. Bis dahin ist nur noch einer da, der uns noch mitteilt:"Somewhere in the bushes over there is a grizzly.", und dann auch wegfährt. Das ist das näheste, was wir bis jetzt überhaupt dazu gekommen sind einen Grizzly zu sehen, oder auch einen Bär überhaupt in den Nationalparks. Tom meint, bei warmen Wetter zieht es sie weiter nach oben, und er scheint recht zu haben.
Von der Passhöhe führt eine Stichstraße nochmal fast 100 Höhenmeter weiter hoch zum Peyto Lake. Der soll sehr schön sein, außerdem wollen wir uns nach der schweißtreibenden Auffahrt auch etwas erfrischen. Leider wird es nichts mit der Erfrischung, der See liegt weit unter uns und wir sind nur auf einen Aussichtspunkt gefahren. Aber der Blick ist wirklich toll: 200 m über dem Gletschersee hat man einen Blick auf dessen tiefes Blau und im Hintergrund zieht sich das schnurgerade Tal, welches wir durchfahren haben, mit den flankierenden Bergen weit nach Norden.
Zum Glück ist es zur Erfrischung auch nicht weit: Der Bow Lake liegt nur ein paar Kilometer bergab, und hier gibt es sogar Kaffee, und eben auch einen wunderschönen Kiesstrand mit alpiner Kulisse und den Bow Falls im Hintergrund.
Immer mal wieder denken wir, dass es wieder irgendwelche Tiere am Straßenrand zu sehen gibt, weil die Autos dort anhalten. Aber nein, als wir näher kommen, stellen wir fest, dass wir geknipst werden. Eine fernöstliche Gruppe ist ganz besonders hartnäckig: wir werden schon als wir das Auto am Parkplatz passieren von vier Kameras fotografiert und gefilmt. Romy ruft ihnen noch nach:"Wir sind doch nicht im Zoo!". Trotzdem überholen sie uns kurz darauf, halten am Seitemstreifen, und das Spiel wiederholt sich. Einer positioniert sich sogar auf der gegenüberliegenden Straßenseite, um uns von dort zu filmen.
Hier verweilen wir lange, aber es sind auch nur mehr zehn Kilometer bergab nach Mosquito Creek, wo unser heutiger Zeltplatz liegt. Uns wurde versichert, dass es dort auch nicht mehr Mücken gibt als anderswo, aber als wir uns zu viert abends im eiskalten Wasser des Wildbachs waschen, macht er seinem Namen alle Ehre: wir sind umschwirrt von Unmengen an Stechmücken. Bei einem Schlag auf meinen Handrücken erlege ich drei Moskitos auf einen Streich, und wir bringen die Kinder schnellstmöglich ins Zelt.
Dann gibts mal wieder Geschenke. Ältere deutsche Reisende erkundigen sich nach unserer Tour und wollen uns daraufhin noch Bonbons schenken und die restliche Milch vom Frühstück am nächsten Morgen vor unser Zelt stellen. Kurz darauf kommen sie nochmal vorbei und bringen uns auch noch eine kleine Packung Chips und einen Rest Saft (wobei "Rest" hier ca. ein Liter ist, denn vieles wird in Tetrapacks a 1,75 l oder 1,89 l verkauft). |