Heute haben wir den ganzen Tag Zeit, um die verbleibenden zwölf Kilometer bis Gardiner zurückzulegen. Deswegen entscheiden wir uns für den Old Yellowstone Trail, eine Schotterstraße, auf der beide Kinder mal wieder selbst fahren können.
Allerdings schien unser Campingplatz in einem windgeschützten Eck zu liegen. Schon nach weniger als einem Kilometer wechselt Mika wieder in den Anhänger, weil der Gegenwind so viel Staub aufwirbelt, dass seine Augen schon ganz rot sind. Phileas hält trotz der steifen Brise noch ein paar Kilometer länger durch, aber als ich Mika ein Hörspiel anmache, ist auch bei ihm die Motivation weg.
Auf dem ganzen Weg hier durch das Paradise Valley haben wir viele Antilopen gesehen, und auch heute zeigen sich wieder ein paar Herden, und eine einzelne Antilope springt sogar nur zwanzig Meter entfernt von uns über die Straße.
Die zweite Hälfte des heutigen Tages führt sogar schon durch den Nationalpark, wenn auch durch eine besonders trockene und uninteressante Ecke. Dieser Teil wurde dem Park in den Dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts hinzugefügt, um ein Winterrefugium für die großen Tiere zu bilden.
Der Weg ist recht anstrengend, da sich viel Waschbrett auf dem Schotter gebildet hat, aber wenigstens haben wir die Straße fast für uns. Außerdem habe ich noch ein Erlebnis der ganz besonderen Art: ohne es zu bemerken, erfasst mich so ein kleiner Wirbelwind, die sie hier Staubteufel nennen. Aus dem nichts erfasst mich so eine heftige Windböe, dass ich erst quer über die Straße fahre und dann anhalten muss und dabei noch fast vom Rad kippe.
In Gardiner sind wir erst in der Touri-Info und einem Café, um etwas Internet zu haben. Dann wollen wir zum Baumarkt, weil das FollowMe, also das Anhängesystem für Phileas sein Fahrrad, eine wichtige Schraube verloren hat. Leider hat das kleine Lädchen Mittwochs geschlossen. Vor dem Laden werden wir allerdings von einer Mutter mit zweijähriger Tochter angesprochen, ob sie uns irgendwie helfen kann. Ich krame mich durch ihre Schraubenkiste, die nichts passendes zu bieten hat, weil hier halt nichts metrisch ist, und auch die ganzen Schrauben und Gewinde in Zoll gemessen werden. Ihr Mann macht dann aber einen sehr guten Vorschlag für eine Alternativlösung, die wir mit dem vorhandenen Material umsetzen können. Anschließend unterhalten wir uns noch ein bisschen, während ihre Tochter mit unseren Kindern am Straßenrand im Sand spielen.
So kommt eins zum anderen. Sie besorgt uns einen Campingplatz (und zahlt uns noch die Hälfte davon, weil er so teuer ist), dann werden wir zum Abendessen eingeladen, und während sie noch schnell die Burger besorgt, betreuen wir ihre Tochter, die mit Phileas und Mika weiter begeistert im Sand spielt.
Sie will dann auch noch versuchen, uns eine Übernachtung bei Bekannten zu organisieren, weil wir an einer Stelle auf Grund eines geschlossenen Campingplatzes eine lange Tagesetappe haben, und vielleicht wird sie uns zu Old Faithful und den anderen Geysiren in dessen Umgebungn fahren, weil wir wegen einer Straßensperrung ein Problem haben, diesen Teil des Parks mit dem Fahrrad zu erreichen. Unglaublich, wie hilfsbereit Leute hier sind, die man einfach so auf der Straße trifft; ich kann mir nicht vorstellen, dass uns sowas in Deutschland auch passieren könnte.
Den Zeltplatz erreichen wir ziemlich spät, aber immerhin satt. Er ist zwar teuer, hat aber von Waschmaschinen bis Internet wirklich alles zu bieten, und ich schreibe lange am Tagebuch, um ein bisschen aufzuholen. Da in Bozeman jeder Abend mit Quatschen mit Kim und Dan verbracht wurde, bin ich ziemlich im Rückstand. Leider merkt man es den Texten glaube ich ziemlich an, aber so ist die Website wenigstens mal wieder halbwegs aktuell. Außerdem gibt es ab dem ersten September jetzt auch eine Landkarte mit unserer Tagesstrecke, ich werde versuchen, das im Laufe der Zeit auch noch für die alten Strecken nachzutragen. |