Auch wenn ich wenig über Stimmungen schreibe, spiegelt das Tagebuch sicher mindestens indirekt auch meine momentane Einstellung wieder. Für eine Weile habe ich jetzt sehr wenig geschrieben, und die Aktualisierungen erfolgen weit hinter dem aktuellen Datum, weil ich erstmal verdauen musste, dass wir nicht wie geplant mit dem Fahrrad nach Los Angeles kommen. Jetzt ist das langsam überstanden und ich hoffe, bald wieder halbwegs aktuell mit den Einträgen zu sein.
Den Pickup-Truck haben wir nur noch bis morgen gemietet, deswegen müssen wir heute weiter fahren, auch wenn es hier in Escalante - Grand Staircase noch Unmengen an interessanten Sachen zu sehen gäbe. Heute geht es deswegen zum Bryce Canyon National Park. Dieser bildet sozusagen die oberste Treppenstufe der Grand Staircase (Große Treppe), über die das Colorado Plateau zum Grand Canyon hin abfällt. Es ist etwa eine Stunde bis zum Bryce Canyon, bei dem wir uns wieder auf 2500 m befinden.
Schon kurz vor der Ankunft sehen wir immer mehr Hoodoos, so werden hier einzeln stehende Steinsäulen genannt, und der Bryce Canyon ist berühmt dafür (und für seine Farben). Vom Infozentrum am Parkeingang nehmen wir einen Shuttlebus zum Bryce Point, einem Aussichtspunkt über den Canyon. Und die Aussicht ist wirklich phänomenal: der Canyon bildet hier ein weites Becken. Sein Rand wird von natürlichen Steinbögen verziert, und zu immer größeren Tiefen hin stehen Unmengen an bizarr geformten Hoodoos und längeren Wänden, die in allen Rottönen leuchten.
Ich wäre gerne unten zwischen den Hoodoos hindurchgewandert, aber das ist ein bisschen weit für heute und Phileas und Mika machen auch schon nicht mehr den fittesten Eindruck. Also laufen wir nur zwei Kilometer am Canyonrand entlang zum nächsten Shuttlestop. Das ist genau die richtige Länge für die beiden heute, und es gibt trotzdem hinter jeder Kurve neue Blicke auf den Bryce Canyon.
Die Fahrt über die Panoramastraße schenken wir uns, da es eine 20 Kilometer lange Sackstraße ist. Statt dessen machen wir uns am frühen Nachmittag auf in Richtung Zion National Park. Auf dem Weg finden wir eine deutsche Bäckerei, in der wir endlich mal wieder ein richtig gutes Brot bekommen (Roggenmischbrot, sieben Dollar für ein halbes Kilo).
Kurz vor dem Nationalpark folgen wir dann einer unscheinbaren Fahrspur von der Hauptstraße weg und finden einen guten Platz zum wild campen. Zwischen niedrigen Bäumen ist der Boden von feinem Sand bedeckt und schön eben. So sparen wir nochmal etwas Geld und die Kinder haben mal wieder einen großen Sandkasten. Außerdem wollen wir morgen früh möglichst früh im Nationalpark sein, um eine Parzelle auf dem dortigen Campingplatz zu ergattern. (Die reservierbaren Parzellen waren schon seit Tagen ausgebucht, aber es gibt auch nicht reservierbare, auf die wir hoffen.) Zusätzlich muss ich das Auto noch in St. George, über sechzig Kilometer entfernt, zurückgeben, nachdem wir auf dem Zeltplatz angekommen sein werden.
Kurz bevor es stockfinster ist, schleicht noch ein Auto zwischen den Bäumen hindurch. Da hatte wohl noch jemand die gleiche Idee wie wir, denn nicht weit von uns hören wir die zwei Männer ihr Zelt aufstellen. Wild zelten auf öffentlichem Land ist hier sowieso sehr verbreitet. Im Uinta National Forest vor ein paar Tagen haben wir praktisch auf jedem Feldweg ein Auto parken sehen, und zwischen vielen gelben Birkenhainen standen irgendwo Wohnanhänger. Ich finde es schön, dass das hier so gut zu funktionieren scheint und schade, dass es in Deutschland nicht legal ist. Auf der anderen Seite ist es daheim vielleicht einfach zu dicht bevölkert, und die gesetzliche Lage führt wenigstens dazu, dass nur dezent wild gezeltet wird... |