Weiter geht es über die Schotterstraße durch den großen Wald. Erst am See entlang, wo Phileas und auf kurzer Strecke auch Mika wieder selbst fahren. Mark hatte uns für heute vor schlechtem Wetter gewarnt, aber bis jetzt ist es warm und die Sonne scheint.
Dann finden wir einen schattigen Mittagsplatz an einem schnellen Wildbach, der mal wieder richtig zum Steine reinschmeißen verleitet. Überhaupt, unsere Mittagspausen: trotz unserer halbherzigen Versuche, die Kinder zum frühen Einschlafen und frühen Aufstehen zu bewegen, schlafen sie meistens bis gegen, und wir mit ihnen. Dann gibt es Corn Flakes oder ähnliches Müsli zum Frühstück, anschließend müssen wir abspülen und zusammenpacken. Bis wir tatsächlich auf den Rädern sitzen, ist es elf bis halb zwölf, also schon fast wieder Zeit zum Mittagessen. Insbesondere wenn die Kinder selbst fahren, aber auch, wenn sich einfach nur ein schöner Platz findet, ist also nach fünf bis zehn Kilometern die erste große Pause angesagt.
Nach der Mittagspause geht es gleich richtig bergauf, manchmal so steil, dass das Hinterrad auf dem Schotter durchdreht, dann wieder etwas sanfter. So sind wir etwa eine Stunde beschäftigt. Als wir fast oben angekommen sind, wird es interessant: Stop, Bär auf der Straße! Romy sieht ihn nicht, weil er von ihr aus noch hinter der Kurve ist. Er schlägt sich gleich dort ins Dickicht, wir warten noch kurz und fahren dann so schnell es eben bergauf geht, an der Stelle vorbei. Kaum sind wir vorbei kommt hinter der nächsten Kurve vor uns ein weiterer Bär hervorgetrottet, etwa hundert Meter vor uns. Diesmal aber ein richtig großer, der deutlich größte, den wir bis jetzt gesehen haben, seine Schulter dürften etwa so hoch sein wie unsere Fahrradlenker. Er läuft uns langsam entgegen und scheint noch nicht bemerkt zu haben, dass er nicht alleine ist. Nach allem, was ich gelesen habe, soll man den Bär auf sich aufmerksam machen. Da wir in Kanada sind, spreche ich automatisch englisch mit ihm. Hey, Bear!, rufe ich ihm laut zu. Er bleibt stehen und schaut auf. Mit seinen aufgestellten großen Ohren sieht er fast aus wie ein übergroßer freundlicher Hund. Dann bewegt er sich ohne Eile seitlich auf den Straßenrand zu. Romy klingelt, um unserer Forderung nach Platz Nachdruck zu verleihen, daraufhin bleibt er stehen und guckt uns wieder an. Ob Glocken so eine gute Idee sind? Also rufe ich wieder, in tiefer Stimme um größer zu wirken: Please, get off the road! Der Bär entscheidet sich, der Aufforderung nachzukommen und wackelt ins Unterholz. Wir warten noch ein bisschen, dann passieren wir auch diese Stelle.
Kurz darauf haben wir den Scheitelpunkt erreicht und es geht wieder bergab. Gleichzeitig beginnt es heftig zu regnen. Jetzt fehlen die Schutzbleche am Anhänger, wie wir im Anschluss merken: mein Gepäck und auch mein Rücken ist mit einer braunen Kruste überzogen.
Unten lassen wir beide nochmal selbst fahren. Leider kommt nochmal ein langer steiler Anstieg, den Phileas aber fast komplett alleine bezwingt, wenn auch mit viel Schieben.
In Clearwater erreichen wir wieder den Highway. Der Ort ist anders, als wir uns vorgestellt hatten: eigentlich gar kein richtiges Dorf, sondern über mehrere Kilometer verstreut Ansammlungen von Wohnhäusern oder Geschäften. Für die Nahrungsversorgung müssen wir leider nochmal einen Berg hoch und in die falsche Richtung, dann können wir wieder Proviant für die nächsten Tage nachfassen. Auch das Problem mit den Fotos löst sich; wir kaufen eine Micro-SD-Karte mit SD-Adapter, so dass wir sie in beiden Geräten einsetzen können. |