Es hat heute über Nacht drei längere Gewitter gegeben, deswegen haben wir relativ wenig geschlafen. Als wir aufbrechen, fängt es dann schon wieder zu regnen an. Erstmal stört das nicht weiter, wir hatten ja schon seit Ewigkeiten keinen Regen mehr während der Fahrt, und es ist immerhin nicht heiß.
Der Verkehr ist weiterhin unangenehm, aber wo wir gerade sind gibt es überhaupt keine Alternative zu dieser Straße. Dafür ist die Gegend weiterhin sehr ansprechend. Es geht viel durch lichten Wald mit verwachsenen knorrigen Bäumen und immer wieder kleinen Wiesenflächen dazwischen.
Mittags halten wir an einem relativ großen Supermarkt mitten im nirgendwo. Als wir einkaufen, stehen Rachelle und Stephen plötzlich auch im Laden. Sie sind doch nicht mehr nach Yellowstone gefahren, und da sie unsere Richtung kannten, sind sie einfach mal die Straße entlang gefahren und haben uns gefunden. So verbringen wir noch die Mittagspause gemeinsam, danach brechen die drei wieder auf, da sie heute Abend in Helena sein müssen, von wo aus morgen ihr Rückflug geht.
Während der Nachmittagspause wird gerade neben uns ein Reiseradler von einem Pickup-Truck abgeladen. Er ist ein ziemlich verrückter Typ, lädt uns auf einen Energieriegel ein und erzählt uns, dass er so einen Verkehr noch nicht erlebt hat, und sich deswegen mitnehmen ließ. Einmal hat er sogar fast sein Pfefferspray eingesetzt, als ein Autofahrer vor ihm angehalten hat, nachdem er ihn ganz knapp überholt hat. Er ist in Washington an der Ostküste gestartet. Zwar fährt er hauptsächlich offroad, aber es macht doch Hoffnung auf Besserung für uns, wenn diese Straße das schlimmste ist, was er bis jetzt erlebt hat. Eigentlich wollte er auch bis Bigfork mitgenommen werden, weil dort heute Abend jemand eine Party für ihn schmeißt, aber der Autofahrer hat ihn hier rausgeworfen, weil wir an der Abzweigung zum Holland Lake sind, und dort soll es so schön sein, dass müsse er sich unbedingt anschauen. So hat er jetzt noch achtzig Kilometer zu radeln, also macht er sich schnell wieder auf.
Eigentlich wollten wir heute bis Seeley Lake fahren, aber es ging doch mehr als gedacht bergauf und so sind es nachmittags um fünf immer noch über zwanzig Kilometer. Also biegen wir auf den nächsten Campingplatz ein, der sich am Rainy Lake befindet. Das ist im Grunde nur ein Plumpsklo im Wald, und rundherum fünf ausgewiesene Flächen zum Campen. Leider sind die schon alle besetzt. Gerade, als wir unser Zelt auf dem Parkplatz aufschlagen wollen, lädt uns einer ein, sich doch bei ihm dazuzustellen. Wir dürfen auch unter seinem Tarp kochen, als es gerade zur Abendessenzeit wieder gewittert.
Danach kommt noch mal die Sonne raus und wir gehen runter an den See um uns zu waschen. Hier in den USA waren wir bis jetzt sehr vorsichtig mit Nacktheit, auch bei den Kindern, aber als unser Gastgeber seinen Sohn nackig ins Wasser schickt, können Mika und Phileas auch noch mal im Wasser planschen. Der See ist relativ klein und wunderschön im dichten Nadelwald gelegen, einer der schönsten seit langer Zeit. Da er auch gleichzeitig ziemlich warm ist, schwimmen auch Romy und ich noch eine Runde. |