Der heutige Tag entspricht ganz meinen Erwartungen: es ist einfach nur leer. Die Straße ist bis zum Horizont zu sehen, und es gibt nur kniehohes Gestrüpp, sonst nichts weiter. Wenigstens sind recht viele Wolken da, so dass wir nicht ständig in der Sonne fahren. Unsere erste Pause können wir noch an einer Siedlung machen, die Werkstätten und Arbeiter für Erdgasbohrungen beherbergt, danach ist aber für den Rest des Tages außer der Straße nichts mehr zu sehen. Dass Platz ohne Ende da ist, sieht man z.B. auch daran, dass man sich hier nicht die Mühe gemacht hat, die Straße zu verbreitern. Statt dessen wurde einfach zwanzig Meter weiter links eine neue Straße gebaut (auf der wir unterwegs sind), während rechts von uns das alte Teerband langsam verwittert.
Da es trotzdem nicht flach ist, ist es ziemlich anstrengend. So schaffen wir es nicht bis zum anvisierten Zeltplatz am Big Sandy Reservoir. Das hat auch seine Vorteile, denn der wäre so etwa vier Kilometer abseits der Straße gelegen, war uns also acht Kilometer Umweg beschert hat. Statt dessen sagt Romy während einer Pinkelpause, dass sie genug hat und einfach hier bleiben will, der Platz wäre ja so gut wie jeder andere.
Und er ist wohl sogar noch besser. Der Zaun neben der Straße lässt sich öffnen (laut Karte ist es öffentliches Land, auf dem wild campen erlaubt ist) und wir schieben unsere Fahrräder über eine Hügelkuppe, so dass wir von der Straße aus nicht mehr gesehen werden. Hier ist schon so viel kahle Erde, dass es kein Problem ist, einen guten Platz für unser Zelt zu finden. Unter uns am Hang breitet sich eine Ebene fast bis zum Horizont aus, und die Kinder haben jede Menge Spaß in einem trockenen Bachbett bzw. Minicanyon, wo sie die Sandhänge auf dem Hosenboden hinunterrutschen. Es ist das erste Mal, dass wir wirklich komplett wild zelten, ohne dass der Platz ausdrücklich dafür gedacht ist oder uns von jemandem zugewiesen wurde.
Hier sollte es jetzt wirklich auch gar keine Bären mehr geben, zumindest können wir es uns beide nicht vorstellen. Und das ist auch gut so, denn wir haben den ganzen Tag über keinen Baum gesehen, an dem wir unsere Essenstaschen aufhängen könnten...
Apropos Essen: wir vermissen das deutsche Essen schon sehr, und vieles von dem, was wir tagsüber essen, hängt uns inzwischen zum Hals heraus. Brot ist fast immer mit Zucker, und oft so süß, dass es als Kuchen durchgeht. Auch in fast allem anderen scheint Zucker drin zu sein: in den eingelegten Gurken (sauer kann man sie beim besten willen nicht nennen) habe ich zu spät festgestellt, dass sieben Gramm Zucker auf eine Portion von 28g kommen, sie also zu einem viertel aus Zucker bestehen! Käse gibt es immer nur die gleichen fünf Sorten, die alle identisch Fade schmecken, sowas wie Camenbert ist äußerst selten und sehr teuer. Und so könnte man die Aufzählung fortsetzen.
Für morgen ist ab Mittags Regen und Gewitter vorhergesagt, für übermorgen dann den ganzen Tag. Auch Regen kann man sich in so einer trockenen Landschaft fast nicht vorstellen, aber in ein Gewitter möchte ich hier lieber nicht kommen, denn als Radfahrer ist man (abgesehen von den Autos) eigentlich immer der höchste Punkt der Umgebung und Schutz findet man absolut keinen. Zum Glück ist Farson nicht mehr weit... |