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Ägypten 2006

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Übersicht

Bild des Tages

02.10.2006

Strecke:Petra (البتراع) - Aqaba (العقبة)
Distanz:139,33 km
Schnitt:18,9 km/h
Höhenmeter:1127
Fahrtzeit:07:22:02


Bericht für den 02.10.-05.10. Ein letztes Mal Hallo!

Ich sitze gerade in Kairo im Internetcafe und in acht Stunden geht unser Flugzeug. Bilder kann ich leider diesmal keine mitsenden, weil ich das Verbindungskabel zur Kamera vergessen hab, aber wer will kann dann bald die gesamte Reisesammlung erleiden ;-)

Die letzte Mail kam waehrend einer Lebensmittelvergiftung aus Petra in Suedjordanien. Am Tag darauf habe ich mich gut erholt und wir erreichen in einem langen Tag Aqaba am Roten Meer. Auch waehrend dieses Tages bewerfen uns immer wieder Kinder mit Steinen. In Jordanien hat das ploetzlich angefangen und seitdem sind die Kinder ziemliche laestige Baelge, die mit Steinen und manchmal sogar mit Stoecken schmeissen. Zum Glueck hat bis jetzt noch keines getroffen. Ich frage mich wirklich, wie aus solchen Kindern so gastfreundliche und ruecksichtsvolle Erwachsene werden...

Abends haben wir das Rote Meer erreicht und die Sonne geht auf der anderen Seite des Golfs von Aqaba hinter den wuesten Bergen des Sinai unter. Richtung Sueden ist Saudi-Arabien nur noch zehn Kilometer entfernt. Von hier wollen wir ein Schiff auf die Sinai-Halbinsel nehmen. Es sind zwar nur zwanzig Kilometer auf dem Landweg, aber davon sind zehn Kilometer Israel. Von dem, was wir gehoert haben, wird jeder an der Grenze ein paar Stunden lang kontrolliert (andere Reisende haben das erzaehlt, nicht Araber), und bei meinem Pass, der Visa von Syrien, Iran und Afghanistan enthaelt, waere es gar nicht sicher, ob sie mich ueberhaupt ins Land lassen. Ausserdem verlangen sie auf der anderen Seite dann bei der Ausreise noch eine Ausreisesteuer. Also Faehre.

Obwohl unser Guidebook sagt, dass immer nur eine Faehre mittags abfaehrt, fahren wir gleich zum Faehrhafen, um uns wegen Preisen usw. zu erkundigen. Das Faehrterminal ist ueberfuellt mit Leuten, da muss heute einfach noch etwas abfahren. Dass das der Fall ist, bringen wir auch schnell in Erfahrung. Etwas komplizierter ist es schon herauszufinden, wann das Schiff abfaehrt, und was man alles tun muss, um an Bord zu kommen. Als erstes werden wir an der Information zum Essen eingeladen, und nach dem Fastenbrechen (der Ramadan hat schon seit Damaskus begonnen)in den ersten Stock geschickt, um Tickets zu kaufen. Der Schalter, an dem ganz gross "Tickets" steht, verkauft keine. Ich werde in ein kleines Reisebuero gegenueber weitergeschickt. Dort bekomme ich die Tickets fuer uns. Was mit den Fahrraedern ist, wissen sie auch nicht. Erst fragen sie mich ein paar Mal, ob ich nicht "Motorrad" meine (da wuessten sie wohl, was zu tun ist), dann schicken sie mich zurueck zu dem mit "Tickets" beschrifteten Schalter, um fuer die Fahrraeder zu zahlen. Nachdem ich auch dort klargestellt habe, dass es sich nicht um Motorraeder handelt, erhalte ich die Auskunft "I think you don't have to pay for them." Also auch keine Ahnung, wir werdens wohl einfach ausprobieren muessen. Aber sie koennen mir wenigstens sagen, dass das Schiff so gegen elf oder zwoelf Uhr nachts ablegen wird. Dann ins Erdgeschoss, um Ausreisesteuer zu zahlen, und mit der Bescheinigung zurueck in den ersten Stock, um mir den Pass abstempeln zu lassen. Visa fuer Aegypten gibts hier nicht, kriegen wir vielleicht auf dem Schiff, vielleicht auch nicht...

Um halb zehn sind wir an Bord eines alten Nord- oder Ostseefaehrschiffes der Colorline. Die ausgehaengten Rettungsplaene sind auf norwegisch, saemtliche weitere Beschriftung dreisprachig, norwegisch, englisch und deutsch. Beim Zusteigen muessen wir unsere Paesse abgeben, uns wird gesagt, wir erhielten sie in Aegypten dann zurueck. An Bord verzichten wir auf die Kabine, da die Ueberfahrt nur dreieinhalb Stunden dauern soll, ausserdem haben wir auf Deck ja genuegend Platz, unsere Picknickdecke auszurollen, um ein wenig darauf zu schlafen. Saemtliche Innenraeume sind leider verschlossen, so dass nur das harte Metalldeck bleibt. Und das beginnt langsam, sich zu fuellen. In unserem Reisefuehrer wird die Faehre wegen des "bunten Treibens an Bord" lobend erwaehnt. Aber wir sind todmuede, wir wollen schlafen, und kein buntes treiben nach Mitternacht. Aber das Deck fuellt sich weiter. Neben uns legen sich die ersten Leute auf blankem Metall zur Ruhe, waehrend weiter Menschen zustroemen. Bald wird unsere Picknickdecke auch als Stehplatz genommen, wir koennen uns nicht einmal mehr ausstrecken, geschweige denn Schlafen. Ueberall stinkt es nach Menschen und Schweiss. Um halb zwei Uhr nachts legt dass Boot dann endlich ab. Ich doese vor mich hin, aber Erhohlung finde ich so nicht. Gegen fuenf legt das Boot in Nuweiba/Aegypten an, von Bord gelassen werden die ersten Menschen aber erst um sieben. An allen Ausgaengen gibt es ein Gedraenge, als wuerden nur die ersten zwanzig von Bord gelassen, immer wieder kommt es zu Wortgefechten, Rangeleien. Dadurch geht alles nur noch langsamer. Wir verlassen das Boot gegen acht, immernoch ohne Paesse, in denen sich auch immer noch kein Visum befindet. Uns wird gesagt, wir koennen sie im Immigration Office an Land abholen. Dies ist dann auch tatsaechlich der Fall.

So, ich habe nicht einmal mehr einen Euro in aegyptischen Pfund, um fuer das Internetcafe zu bezahlen, deswegen muss ich mich fuer den Rest etwas kuerzer fassen.

Nach einer schlaflosen Nacht fuehrt die Strasse an einem heissen Tag wieder in die gebirgige Wueste des Sinai. Direkt vom Faehrhafen an geht es bergauf. Wir schaffen nur 50 km heute. Das reicht trotzdem um Tags darauf schon kurz nach Mittag am Berg Sinai zu sein. Eigentlich wollen wir uns hier nur das Katharinenkloster anschauen und eine Nacht im Dorf unterhalb verbringen, aber vor unserer auserkorenen Unterkunft treffen wir einen Amerikaner, der uns vorschlaegt, ihn und seinen Fuehrer auf den Berg zu begleiten und eine Nacht oben zu verbringen. Er zahlt sogar einen Teil unserer Tourkosten. Da lassen wir uns nicht zweimal bitten und besteigen so auch Mt. Sinai. Abends campen wir ein paar hundert Meter unterhalb des Gipfels, in aller Abgelegenheit und Stille. Am naechsten Morgen machen wir uns um halb fuenf auf den Weg, um den Sonnenaufgang vom Gipfel aus zu beobachten, wie es Sitte ist. Zwanzig Minuten nach unserem Aufbruch treffen wir auf die Hauptroute zum Gipfel. Eine Taschenlampeschlange windet sich den Berg hinauf, soweit das Auge reicht. Und wir reihen uns ein. Den Gipfel und den Sonnenaufgang teilen wir mit ca. 1-2000 anderen Menschen. Vor uns singt ein japanischer Christenchor, hinter uns ein anderer, natuerlich verschiedene Lieder. Staendig kommen Verleiher vorbei: blanket, blanket, mattress? Der Sonnenaufgang selbst ist farblos und blass, aber von so hoch oben ist es trotzdem toll zuzuschauen, wie die zerkluefteten Taeler langsam aus ihren Schatten steigen und immer tiefer hinunter beleuchtet werden. Anschliessend kehren wir zu unserem Lagerplatz zurueck, wo Fruehstueck auf uns wartet, dann geht es an den Abstieg.

Unten in unserer Absteige treffen wir einen Franzosen, der fast die gleiche Tour plant wie wir sie gemacht haben, nur in die andere Richtung. Er will morgen am Mount Sinai beginnen und dann ueber den Nahen Osten die Tuerkei und Ost- und Mitteleuropa und ueber den Jakobsweg bis an die spanische Atlantikkueste. Allerdings geht es ihm mit dem Fahrrad zu schnell, er laeuft lieber!

Um zwei sitzen wir wieder auf den Fahrraedern und schaffen bis Abends noch fast 100km, denn es geht nur Bergab. So eine Etappe bin ich noch nie gefahren, von 1500m bis fast auf Meereshoehe immer gleichmaessig immer sanft bergab, den ganzen Tag lang, und dabei nicht den kleinsten Huegel bergauf. Der Bergfuehrer hatte uns davor gewarnt, uns abends in die Seitentaeler zum Schlafen zu legen, da hier sehr viele Drogen angebaut wuerden ("it's like Afghanistan") und die Polizei sich kaum traut, auf der Hauptstrasse durch diese Gegend zu fahren und wir sollten lieber die Gastfreundlichkeit der Menschen in Anspruch nehmen. Tja, leider gibts in der Wueste hier keine Menschen, also bleibt uns nichts anderes uebrig und begeben uns ausserhalb der Sichtweite der Strasse. Prompt stossen wir auf zwei kleine Felder, auf denen gerade allerdings nichts waechst, also koennen wir nur vermuten. Da es inzwischen fast stockdunkel ist bleiben wir trotzdem.

So, jetzt muss ich Schluss machen, ich bin komplett pleite, obwohl Kairo die bis jetzt beschreibenswuerdigste Stadt auf unserer Reise ist. Ein Moloch und wuerdiger Abschluss zugleich. Damit ist dann auch diese Newsletterserie am Ende. Da es fuer mich auch Tagebuch war, sind die Eintraege oft recht lang und auch mit Kleinigkeiten gefuellt gewesen, die vielleicht weniger Interesse gefunden haben. Ich freue mich ueber die positive Resonanz, die ich trotz alledem bekommen habe und hoffe, das lesen hat auch den anderen Spass gemacht. Die meisten sehe ich ja bald wieder.

bis bald, lg
   Uwe
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