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Last Update: 2015-02-18 From: Uttenreuth, Germany |
Ägypten 2006
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Übersicht | Bild des Tages |
23.08.2006
Strecke: | Basan - Omurtag |
Distanz: | 105,11 km |
Schnitt: | 16,3 km/h |
Höhenmeter: | 1365 |
Fahrtzeit: | 06:27:04 |
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Bericht für den 21.08.-25.08.
Nachdem ich in der letzten Email noch zwei Ereignisse erwaehnt habe, muss ich hier wohl nochmal etwas ausfuehrlicher erzaehlen:
Hinter dem Urdele-Pass wurde es flach. Nach ein paar Huegeln sogar topfeben. Wir befinden uns nun in der Walachei, dem Suedteil Rumaeniens, der nach Norden von den Karpaten begrenzt wird, und nach Sueden von der Donau, die gleichzeitig auch die Grenze zu Bulgarien bildet. Die Sonne scheint vom strahlend blauen Himmel, es ist noch nicht zu heiss, und ein leichter bis maessiger Wind im Ruecken unterstuetzt uns beim Treten. Optimale Bedingungen, wenn die Strassen nicht rumaenisch (= sehr schlecht) waeren. Trotzdem kommen wir gut voran.
Am zweiten Tag nach den Karpaten suchen wir uns kurz hinter der Kleinstadt Rosiori de Vede einen Zeltplatz weit abseits der Hauptstrasse auf einem Feld. Wir bauen unser Zelt auf, ich ersetze mal wieder eine gebrochene Speiche. Hoffentlich kriege ich in Istanbul endlich eine neue Felge. Claudia kocht derweil Griessbrei und es wird langsam dunkel, als es sich ein Traktor naehert. War wohl mal wieder nix mit dem unentdeckt wildzelten. Er bleibt an der Feldwegbiegung stehen, von der unser Zelt nicht weit entfernt steht. Dann laesst er den Pflug herunter und entfernt sich wieder. Nach ein paar Metern dreht er allerdings um, kommt wieder zurueck an die Biegung bleibt etwas stehen, dann pfluegt er wieder das gleiche Stueck Erde. Dieses Spielchen wiederholt sich ein paarmal, bis sich die zwei Insassen doch entschliessen auszusteigen und auf uns zuzukommen. Die Verstaendigung klappt erwartungsgemaess schlecht, da die Beiden nur rumaenisch sprechen. Trotzdem redet einer unentwegt und aufgeregt auf uns ein. Als erstes denken wir, er will pfluegen wo wir zelten, aber das scheint dann doch nicht der Fall zu sein. Schliesslich, als er dann irgendwas von "Geld" und "betrunken" erzaehlt, immer wieder auf den Weg zeigt, sich mit dem Zeigefinger ueber die Kehle faehrt und sich mit einem imaginaeren Messer in den Bauch sticht, und dazu immer wieder das Wort "Zigan" faellt, wird uns klar, was er mitteilen will. Tatsaechlich haben wir nur ein paar Kilometer vor unserem Zeltplatz am Stadtrand viele zerlumpte Zigeuner gesehen, die Muell gesammelt haben. Wir geben ihm zu verstehen, dass wir ihn verstanden haben und die beiden tuckern mit ihrem Traktor in der anderen Richtung davon.
Wir brauchen uns nur kurz zu beratschlagen. Die Warnung eines Einheimischen vor einem Raubueberfall sollte man nicht leichtfertig in den Wind schlagen. Und selbst wenn sie uebertrieben war, koennten wir nach so einer Warnung nicht mehr schlafen. Inzwischen ist es stockdunkel geworden. Wir kochen zu Ende und packen dabei zusammen. Die ganze Aktion wirkt noch sehr ruhig, aber bei genauerem Hinsehen faellt doch auf, dass fast kein Teil in der Packtasche landet, in die es hingehoert, das Zelt nur schlampig zusammengeschlagen wird. Den Topf mit dem heissen Griessbrei am Lenker versuchen wir, ueber den stockdunklen Feldweg zu fahren. Wir fahren viel zu schnell, fallen durch Schlagloecher, die wir nicht sehen koennen immer wieder fast vom Fahrrad, und trotzdem dauert es scheinbar ewig, bis wir die Hauptstrasse wieder erreicht haben.
In dieser Dunkelheit wollen wir nicht laenger als unbedingt noetig auf der Strasse unterwegs sein und einen Zeltplatz zu finden ist auch fast nicht moeglich, also fahren wir zurueck in die Stadt, um uns nach einem billigen Hotel umzusehen. Das findet sich, auch wenn der Touri-ohne-Wahl-und-Verstaendigungsmoeglichkeit-Aufschlag sehr saftig ausfaellt.
Das Haus ist noch heiss von der taeglichen Sommersonne, und wir bekommen ein Zimmer, dass nur ein Fenster zum Flur hin hat. An Schlaf ist nicht zu denken. Schliesslich rollen wir unsere Isomatten im Flur vor dem Fenster aus und versuchen dort, ein bisschen Schlaf zu finden, auch wenn es immernoch viel zu warm ist. Die Nacht im Hotel erweist sich als die unbequemste auf der ganzen bisherigen Tour!
Am naechsten morgen erreichen wir das Staedtchen Alexandria. Wir befinden uns hier genau auf der Strasse, die ich auch schon auf meinem Weg Richtung Aegypten genommen hatte. Die Hauptstrasse nimmt hier einen 40km-Umweg, mit der Abkuerzung haben wir damals bei feuchten Strassen sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Wir sind auf acht Kilometern derart im Schlamm stecken geblieben, dass wir einen ganzen Tag verloren haben. Jetzt bei trockenen Strassen sind ist es dagegen flott zu fahren, fuer Feldwege kommen wir gut durch.
Bulgarien ist mehr nur Transitland fuer uns. Hier ist es wieder huegeliger, in den Doerfern sind keine Menschen zu sehen, auch Hunde verfolgen uns nicht mehr. Das einzige, was auffaellt, sind die Todesanzeigen mit Fotos, die an praktisch jedem Hauseingang kleben. Manchmal nur eine, manchmal auch mehrere. Es gibt sogar Doerfer, bei denen auf dem zentralen Dorfplatz Tafeln aufgestellt sind, die nur mit diesen Todesanzeigen vollgeklebt sind. In einer Mittagspause schwatzt und auch mal ein froehlicher Alter zu, der uns das Foto zeigt, dass er fuer seine Todesanzeige hat machen lassen. Sehr makaber das ganze. Sonst ist nicht viel los in Bulgarien und nach drei Tagen haben wir die Grenze zur Tuerkei erreicht. Hier treffen wir ein deutsches Paar mit Fahrrad, dass fuer die Strecke von Burgas an die Grenze fuenf Tage gebraucht hat, wir waren einen halben unterwegs! Abends sind wir dann in der Tuerkei. Auf bekannten Strassen geht es innerhalb von zwei Tagen nach Istanbul, unserem ersten groesseren Zwischenstop.
Hier ist es jetzt kurz vor Mitternacht und das Internetcafe macht zu, deswegen muss die Tuerkei bis zum naechsten Lebenszeichen auf sich warten. Den Brand im Nachbarhaus muss ich nochmal verschieben, genauso wie unsere Hochzeit und ein paar kleine Geschichten.
bis bald
lg
Uwe
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