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Nürnberg - Istanbul

 

November 2002
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8.11.2002 - Tag 1
Etappe 1: Nürnberg - Regensburg (150.01 km)
Schnitt: 19.0 km/h
Höhenmeter: 327
Wetter: Bewölkt mit Auflockerungen 4-6 °C

Fahrt am Kanal und der Donau. Böse Überraschung: Zelt ist verschimmelt. Waschung erfolgt in Dusche. Ansonsten Auftakt nach Plan.
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09.11.02 - Tag 2
Etappe 2: Regensburg – Neßlbach (112,91km)
Schnitt: 21,0 km/h
Höhenmeter: 231
Wetter: immer wieder Regenschauer vormittags, nachmittags mit Auflockerungen 7-8°

Meistens hatten wir ziemlich starken Rückenwind, teilweise lag die Reisegeschwindigkeit bei fast 30 km/h. Der Regen hat kaum gestört, nur die Füße sind dabei sehr nass geworden. Unser Tagessoll haben wir leider nicht ganz erfüllt. Gestern hatten wir noch beschlossen, dass wir hin und wieder in einer Pension übernachten werden, damit wir unsere Sachen trocknen lassen können, heute haben wir zumindest schon ein festes Dach über dem Kopf. Als wir am Zeltplatz angekommen waren, hat uns der Besitzer sofort angeboten, wir könnten in einem leerstehenden Raum des Rezeptionsgebäudes übernachten. Anschließend hat uns seine Frau sogar noch zwei Stühle und einen Klapptisch gebracht. Sehr bequem das ganze....
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10.11.02 - Tag 3
Etappe 3: Neßlbach – Ottensheim bei Linz (127,30 km)
Schnitt: 18,4 km/h
Höhenmeter: 170
Wetter: anfangs bewölkt, gegen Abend kam sogar die Sonne durch, dann war es auch relativ warm

Immer die Donau entlang. Die ganzen Kaff-Bäcker haben Sonntags zu, deswegen wird nix aus unserem Frühstück. Irgendwann halten wir bei einer Tankstelle an, die hat dann sogar frische Brötchen. Ab etwa km 80 wird Peter langsam schwächer, wir erreichen unser Tagesziel leider nicht ganz. Das hat zur Folge, dass uns Peters Mutter ziemlich lange suchen muss, denn sie bringt uns unser Abendessen und sowie eine Thermoskanne und Gewürze vorbei.
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11.11.02 – Tag 4
Etappe 4: Ottensheim – Grein (82,41 km)
Schnitt: 15,4 km/h
Höhenmeter: 85
Wetter: Dauerregen bei 5 – 8°

Ich wache etwa um halb sechs auf und stelle fest das es in unser Zelt reinregnet. Nicht gut. Wir beschließen, Imprägnierspray zu kaufen und eventuell in einer Pension zu übernachten, um alles mal trocknen lassen zu können. Heute war ein Ruhetag geplant. Wir sind langsam gefahren, haben uns viel Zeit bei den Pausen gelassen und wollten uns nach ca. 50 – 60 km einen Zeltplatz suchen. Da ist uns leider die Flut dazwischengekommen. Als wir versucht haben, Unterkunft zu finden, waren sämtliche Zeltplätze und Pensionen nicht mehr in Betrieb. Also mussten wir bis nach Einbruch der Dunkelheit weitersuchen, bis wir endlich in Grein eine Pension gefunden hatten. Leider haben wir erst nach dem Einchecken nach dem Preis gefragt, für 20€ hätten wir auch in ein Hotel gekonnt.
Unterwegs war die Strecke trotz des Regens teilweise so richtig schön zu genießen. Durch das diesige Wetter und die früh einsetzende Dämmerung lag über den verlassenen Häusern und dem fast metertief im Schlamm versunkenen Wald, in dem nur der Radweg freigeschaufelt war, eine sehr melancholische Stimmung. Wir aktualisieren unsere Schätzungen. Eventuell verlieren wir den einen oder anderen Tag bis Istanbul.
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12.11.02 – Tag 5
Etappe 5: Grein – Zwentendorf (117,32 km)
Schnitt: 18,3 km/h
Höhenmeter: 127
Wetter: Ganz schön

Gutes Frühstück. Radweg auf Wasserlinie. Die Zeltplatzsuche blieb ergebnislos. Also mußte die Etappe verlängert werden. Inklusive einem Stück Wasserradeln. Dann beim AKW auf geschlossenem Campingplatz wild gecampt.
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13.11.02 – Tag 6
Etappe 6: Zwentendorf – Wildnis vor Schönau (78,32 km)
Schnitt: 18,0 km/h
Höhenmeter: 70
Wetter: Bewölkt teils heftiger Gegenwind.

Gleich am Morgen galt es zweimal das Hinterrad zu flicken, eineinhalb Stunden Verspätung. Die Österreicher haben sehr große Schrebergartenhäuschen (teils zweistöckig, teils auf Stelzen). Die Wiener haben vollkommen unsinnigerweise eine kilometerlange Insel mitten in die Donau gebaut. Dafür alle Zeltplätze vernichtet oder geschlossen. Hinter Wien hat ein Rennradfahrer den Tipp gegeben eine Umleitung nicht zu beachten. Als Ergebnis suchte ich eine Stunde lang erfolglos nach einem Weg ins nur 400 Meter entfernte Schönau da das allerletzte Stück Weg überflutet war.
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14.11.02 – Tag 7
Etappe 7: Wildnis vor Schönau – kurz vor Medvedov (117,86 km)
Schnitt: 16,6 km/h
Höhenmeter: 125
Wetter: Sonnig außergewöhnlich warm (bis 20°) ab Mittag sehr heftiger in Böen stürmischer Gegenwind

Nach der raschen Auflösung des sehr dichten Nebels, gute wenn auch monotone Fahrt mit Highway feeling bis Hainburg. Zum ersten mal andere Radreisende, wenn auch nur für sehr kurze Zeit und aus großer Entfernung, gesehen. Grenzübertritt in die Slowakei. Auch hier gibt es krasse Schrebergärten mit Wellblechhütten wie im Slum von Neu Delhi denke ich. (Berichtigung respektive Bestätigung erfolgt später.) Außer Preßburg scheint es in der Slowakei nicht viel zu geben, jedenfalls nicht viele Ansiedlungen an der Donau. Eine gute Seite hatte der Wind dann aber doch noch: endlich konnte das Zelt trocknen. Eine Wonne. Gute Nacht.
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15.11.02 – Tag 8
Etappe 8: kurz vor Medvedov – Oroszlany (105,45 km)
Schnitt: 16,5 km/h
Höhenmeter: 157
Wetter: Sonnig außergewöhnlich warm (teilweise über 20° in der Sonne) sehr heftiger in Böen stürmischer Gegenwind

Nach dem Grenzübertritt nach Ungarn können wir endlich wieder etwas kaufen da wir aufgrund unseres unzureichenden Kartenmaterials glaubten die ungarisch-slowakische Grenze wäre weiter donauaufwärts und deshalb keine Kronen gewechselt hatten. Gleich nach der Grenze verließen wir auch den Donauradweg, weil er hier sehr schlecht befahrbar ist. In Györ kauften wir dann eine neue Ungarnkarte und wir haben auch gleich wieder einen, vielleicht den Radweg nach Budapest gefunden. Dieser führt zwar nur über Straßen die sind aber wenig befahren. Auch diesen Radweg verließen wir dann in Kocs um uns das Eck über Budapest zu sparen. In Oroszlany wollten wir eigentlich eine Pension aufsuchen, aber so etwas gibt es in dieser nur aus Plattenbauten und auch sonst sehr nach Pariser Vorstadtghetto aussehenden Stadt nicht. Also campten wir einige Kilometer weiter wild.
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16.11.02 - Tag 9
Etappe 9: Oroszlany – Dunaujavaros (109,60 km)
Schnitt: 16,9 km/h
Höhenmeter: 557
Wetter: Bewölkt außergewöhnlich warm (15°-20°) heftiger Gegenwind

Nachdem wir die Nacht über wegen diverser Tritt- und Scharrgeraüsche schlecht geschlafen hatten, entdeckten wir am Morgen einen großen Hund der sich neben dem Zelt einquartiert hatte und sofort sehr zutraulich war. Wir gaben ihm einen Schokoriegel und unfreiwillig unsere Rolle Toilettenpapier zu fressen. Nachdem er dann auch noch unseren Müll nach Resten durchwühlt hatte, beschlossen wir, er gehöre nun zur Familie. Der Hund dachte offenbar genauso, denn der rannte uns brav hinterher als wir losfuhren. Wir nannten ihn Ori. Sogar unsere Versuche ihn dazu abzurichten, im Straßengraben anstatt auf der Gegenfahrbahn zu laufen schienen langsam zu fruchten, als plötzlich unter lautem Hupen sein Besitzer ankam und Ori wieder nach Hause brachte. Wir hatten also für sechs Kilometer einen Hund gehabt und eine Menge nutzloser Pläne angehäuft wie wir Ori denn über die Grenze geschmuggelt hätten.
Ansonsten war der Tag wegen Gegenwind und Hügeln recht anstrengend aber ereignislos. Dunaujavaros ist ebenfalls eine hässliche Stadt mit einem außergewöhnlich hohen Plattenbauten/Einwohner Koeffizienten. Das Publikum ist allerdings wesentlich vertrauenerweckender und freundlicher als in Oroszlany. Es gibt auch ein sehr seltsames Haus das fast wie eine Kirche aussieht, aber eindeutig keine Kirche ist.
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17.11.02 – Tag 10
Etappe 10: Dunaujavaros – Mindszent (132,97 km)
Schnitt: 19,2 km/h
Höhenmeter: 30
Wetter: Regnerisch, relativ warm, windstill, gegen Abend schöner

McDonalds ist relativ teuer in Ungarn. Haben sehr viele Besoffene gesehen, einige fielen sogar auf die Straße. Feldweg auf Karte als wichtige Verbindungsstraße eingezeichnet.
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18.11.02 – Tag 11
Etappe 11: Mindszent – Pecica (120,51 km)
Schnitt: 18,4 km/h
Höhenmeter: 61
Wetter: Herrlicher Tag, über 20°, Gegenwind

Viel flaches Land über das wir mit T-Shirt und kurzen Hosen gefahren sind. Grenzübertritt nach Rumänien. Alle Sachen die vom Laster fallen können sind in Rumänien im Schnitt deutlich besser als in Ungarn; wenn sie allerdings etwas selber machen müssen, wie z.B. ihre Häuser oder Straßen ist alles drei Klassen schlechter. In dem Wald, in dem ich zeltete war mehr los als auf der A 99.
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19.11.02 Tag 12
Etappe 12: Pecica – Balint (118,70 km)
Schnitt: 16,0 km/h
Höhenmeter: 508
Wetter: Herrlicher Tag, über 20°, meist Gegenwind

In den rumänischen Städten ist es noch schlimmer als auf dem Land. In Arad fuhr ich durch diverse Slums über Straßen die aussahen, als wäre die Frontlinie im 1. Weltkrieg genau hier verlaufen und seitdem als historisches Denkmal erhalten worden. Die haarsträubende Absurdität der Beschilderung sollte wohl zur Irreführung des Feindes dienen. Spätestens in Lipova stellten wir fest das diese Zustände wohl in allen rumänischen Städten herrschen. Unsere Straße verlief sich später in eine Art Bergziegentrampelpfad. Trotzdem erreichten wir fast unser Ziel. Eine sehr unbequeme Nacht auf einem frisch gepflügten Acker steht bevor.
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20.11.02 – Tag 13
Etappe 13: Balint - Mehadia (127,37 km)
Schnitt: 18,6 km/h
Höhenmeter: 574
Wetter: Teilweise bewölkt, warm, zunächst mäßiger Gegenwind

Treffen einen offenbar total radreiseverrückten Rumänen. Anschließend ging es über unseren ersten Pass, treffenderweise den Poarta Orientala. Wir übernachten auf dem ziemlich extravaganten Campingplatz eines Deutschen der leider auch ziemlich deutsche Preise verlangt. Das zugehörige Restaurant ist allerdings günstig und so genehmigen wir uns ein sieben-Gänge-Menu.
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21.11.02 – Tag 14
Etappe 14: Mehadia – Filiasi (129,41 km)
Schnitt: 19,8 km/h
Höhenmeter: 437
Wetter: morgens ungewohnt kalt anschließend ok, 4 – 19°C, anfangs leichter Rückenwind, später ebenso leichter Gegenwind

Morgens sind wir mal wieder nass, weil es im Zelt tropft. Beim Zeltabbau finden wir schon etwas Eis am Zelt. Uns frierts ganz schön, als wir losfahren. Solche Temperaturen sind wir in den letzten paar Tagen nicht mehr gewohnt gewesen. Anfangs kommen wir gut voran, leichter Rückenwind und ein Rest Passabfahrt beschleunigen unser Vorwärtskommen. Beim Frühstück stellen wir fest, dass das, was woanders Ameisen oder Schmeißfliegen sind, in Rumänien wilde Hunde darstellen. Sie sammeln sich so langsam um unsern Frühstückstisch und hoffen darauf, etwas Essbares abzubekommen. Direkt nach dem Frühstück kommt vollkommen unerwartet ein heftiger Anstieg, anschließend verlieren wir langsam etwas Höhe, während wir auf unser Tagesziel zusteuern.
Plötzlich kommen wir von Rumänien nach China. In Strehaia sind alle Häuser mit vielen Extragiebelchen und Erkerchen und drei oder vier Vordächern versehen. Außerdem sind sie komplett silberfarben und sitzen auf Häusern mit außergewöhnlich vielen Vor-, Rück-, Neben-, und Anbauten. Auch sind die Häuser sehr gut erhalten, mehrstöckig und von außen mit Fließen oder bunten Farben verziert. Nach diesem Dorf sehen wir immer wieder einzelne Häuser im selben Stil, aber nicht wieder ein so komplett damit verbautes Kaff. Wir finden einen schönen Platz zum Wildcampen in einem abgelegenen Wäldchen.
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22.11.02 Tag 15
Etappe 15: Filiasi – Mihaesti (129,71 km)
Schnitt: 19,0 km/h
Höhenmeter: 338
Wetter: ganz ok, relativ warm bis 19°C

Morgens sind wir mal wieder nass, weil es im Zelt tropft. Es beginnt sozusagen wie immer und geht auch vollkommen ereignislos weiter. Die Strecke ist anfangs relativ flach, später topfeben und schnurgerade. Wenn man noch den Lenker festbindet, könnte man auf dem Rad schlafen. Es herrscht leichter Gegenwind. Erst gegen Ende des Tages passiert endlich noch etwas. Wir liegen ganz gut in der Zeit, hoffen, vielleicht noch zehn Kilometer mehr zu schaffen, als geplant und machen noch eine kleine Pause.
Während dieser Pause taucht plötzlich ein alter Mann auf und beginnt, auf uns einzureden. Wir machen ihm klar, dass wir kein Wort verstehen, also fängt er an, mit Händen und Füßen seinen Sprachfluss zu unterstützen. Es kommt sogar ein bisschen was zustande, dass man Kommunikation nennen könnte. Soweit wir das mitbekommen, freut er sich über den Busch-Besuch morgen in Bukarest und fragt uns, ob wir dorthin fahren würden. Außerdem erzählt er uns, dass er sich im zweiten Weltkrieg als kleiner Junge vor den Deutschen verstecken musste und fragt uns auch, ob wir Ost- oder Westdeutsche sind. Weil wir merken, dass er anscheinend nur die Westdeutschen für den Krieg verantwortlich macht, erzählen wir ihm einfach, wir wären Ostdeutsche. Schließlich bietet er uns an, bei ihm zu übernachten. Wir hätten gerne angenommen, wollen aber unbedingt noch ein paar Kilometer machen, da wir die übernächste Nacht direkt an der rumänisch – bulgarischen Grenze verbringen wollen. So versuchen wir ihm das klar zu machen und fahren weiter.
Kurz darauf breche ich bei einem leichten Anstieg ein. Mir ist plötzlich ein bisschen schwummerig und ich komme den Berg kaum noch hoch. Danach fährt den Peter den Rest der Zeit im Wind. Es ist ja auch nicht mehr weit. Wir machen uns nur Sorgen wegen eines geeigneten Zeltplatzes. Das Land ist außerhalb der Dörfer zu beiden Seiten landwirtschaftlich genutzt und meilenweit einsehbar. Schließlich finden sich doch ein paar Büsche relativ weit von der Straße entfernt mit ein bisschen Gras außenrum. Dort schlagen wir unser Zelt auf. Ich lege mich schon hin und nehme eine Aspirin, während Peter sich um das Abendessen kümmert.
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23.11.02 – Tag 16
Etappe 16: Mihaesti – irgendwo vor Putineiu (76,50 km)
Schnitt: 15,2 km/h
Höhenmeter: 150
Wetter: deutlich kühler als die letzten Tage, leichter Rückenwind

Als wir aufwachen, hören wir es mal wieder plätschern. Aber, oh Wunder, es tropft nicht im Zelt, es regnet draußen. Jetzt, wo das Zelt endlich mal einen Grund hätte, von innen zu tropfen, ist es drinnen komplett trocken. Aber das Wasser draußen macht uns ziemlich lustlos und so lassen wir uns mit dem Aufstehen recht viel Zeit. Bis wir endlich das Zelt verlassen, hat es aufgehört zu regnen. Nach dem Packen haben wir ein Problem, nämlich den Acker, den wir gestern Abend noch problemlos überquert haben. Wir sind eingeschlossen von Matsch. Es dauert ungefähr eine viertel Stunde, bis die 100 m von unserem Grasstückchen bis zum halbwegs beschiebbaren Feldweg mit den vollbeladenen Fahrrädern zurückgelegt sind, und eine weitere Viertelstunde, bis wir den Dreck wieder so weit von den Rädern haben, dass wir im Stande sind, loszufahren.
Bis Alexandria kommen wir gut voran. Ein leichter Rückenwind bläst uns zu einem Schnitt von fast 22 km/h, ohne dass wir uns weiter anstrengen müssen. Kurz nach elf haben wir Alexandria durchquert, und ab hier nimmt das Schicksal seinen Lauf. Wir wollen in die Grenzstadt Giurgiu. Es sind zwei Straßen dorthin ausgeschildert. Einmal die Hauptroute, 104 km lang, und einmal eine weitere Straße, auf der es laut Schild 40 km, laut Karte 57 km sind. Wir entscheiden uns für diese, auch wenn sie ungeteert ist, weil es laut Karte eine Hauptstraße sein soll.
Sofort reduziert sich unser Tempo. Wir kommen nur noch mit 10 bis 15 km/h voran. Bei der gesparten Strecke lohnt sich aber auch das noch. Nach zehn Kilometern sind wir im nächsten Dorf und die Straße ist wieder asphaltiert. Doch die Hoffnung trügt. Gleich am Ortsausgang wird die Straße wieder zum Feldweg, die Steigung zum Berg und die Fahrräder zu Matschtransportmaschinen. Die Geschwindigkeit fällt weiter. Sie beträgt noch 7 – 9 km/h. Der Weg wird immer matschiger, wegen des Regen heute morgens. Besonders dort, wo die Felder am Wegrand frisch gepflügt sind, müssen wir häufig absteigen. Der Matsch sammelt sich unter den Schutzblechen und in der Kette und blockiert alles. Es wird drei und wir bemerken kaum Fortschritte. Das Vorwärtskommen zehrt an den Reserven. Schließlich geht nichts mehr. In eineinhalb Stunden legen wir etwa zwei Kilometer zurück und laut Karte sind es noch etwa 20 bis zum nächsten Kaff. Schieben ist auch unmöglich, weil sich die Räder dann gar nicht mehr drehen und nur noch zur Seite wegrutschen.
Wir versuchen es mit Gepäckabnehmen. Erst die Lowrider und das Rackpack zweihundert Meter weiter tragen, dann zurück, die Backroller und das restliche Gepäck holen, auch das nach vorne bringen, wieder zurück und die Fahrräder holen. Auf diese Weise müssen wir jede Strecke fünf mal zurücklegen. Das macht bei einer Laufgeschwindigkeit von 5 km/h ungefähr einen Kilometer pro Stunde. Ohne Pause. Zudem lassen sich die Fahrräder noch nicht einmal unbeladen fahren, oder auch nur schieben. Auch sie müssen getragen werden.
Wegen der Ineffektivität lassen wir auch schnell von dieser Methode und beschließen, die Schutzbleche abzubauen. Wir hoffen, dass sich dann der Dreck weniger fängt und ein halbwegs vernünftiges Vorwärtskommen möglich wird. Um dies zu bewerkstelligen, müssen wir uns durch den ganzen Matsch an den Fahrrädern wühlen, sowohl Vorder- als auch Hinterrad aus- und wieder einbauen. Schon während der Arbeit wird es dunkel, so dass immer einer leuchtet und der andere schraubt. Dann beladen wir die Fahrräder wieder und versuchen zu fahren und ES GEHT!!!... ungefähr 20 m weit, dann blockieren die Räder wieder komplett.
Also auf zur nächsten Idee. Zwei Leute schieben oder besser zerren ein Fahrrad. Einer schiebt am Lenker, der andere von hinten. So müssen wir jede Strecke wieder dreimal zurücklegen und brauchen außerdem auch noch alle 10 m eine Pause, weil wir inzwischen so fertig sind. Wir beschließen, es noch irgendwie bis zu den Büschen zu schaffen, die wir gesehen hatten, als es noch hell war und dort zu übernachten. Vielleicht kommt morgen ein Traktor aus der richtigen Richtung, der uns mitnimmt. Anschließend laufen wir noch ein Stück des Weges ab, der uns morgen erwartet. Nach ein paar hundert Metern treffen wir auf Teer und kehren hoffnungsvoll zu den Rädern zurück. Auf Zeltaufbauen haben wir beide keine Lust mehr. Wir legen uns in unsere Schlafsäcke und decken uns mit dem Zeltunterboden noch zusätzlich zu. Hoffentlich geht’s morgen besser, aber ich habe ein Stück hinter dem Teer schon wieder ziemlich tiefe Pfützen glitzern sehen, ich glaube nicht, dass das asphaltierte Stück lang ist...
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24.11.02 - Tag 17
Etappe 17: irgendwo vor Putineiu – Bebovo (68,54 km)
Schnitt: 13,1 km/h
Höhenmeter: 312
Wetter: recht windstill, sonnig, bis 15 °C

Als wir aufwachen, sind unsere Schlafsäcke pitschnass. Peter meint, es hätte kurz geregnet, auf jeden Fall müssen wir sie heute Abend trocknen. Wir packen auf und schleppen die Fahrräder bis zum Teerstück. Dort können wir tatsächlich fahren. Anschließend sind genug Pfützen da, denn wenn man durch Pfützen fährt, rollt es sich für ein paar Meter wieder leichter. Dann verschlammt es wieder schlimmer. Aber nur recht kurzzeitig. In der ersten Stunde schaffen wir ungefähr 5 km. Anschließend wird der Weg härter, es ist nur noch holprig. Nach zehn Kilometer sind wir in Putineiu und wieder auf geteerter Straße.
Gegen zwölf sind wir an der Grenze. Ein riesiger Grenzübergang aus viel Beton wo aber nichts los ist. Ein einziges Auto steht vor uns, und dass, obwohl es sowohl flussauf- als auch flussabwärts auf weite Strecke der einzige Grenzübergang ist.
Auf der bulgarischen Seite werden wir erstmal von Geldwechslern abgezockt, da wir unsere Lei an offizieller Stelle nicht losgeworden sind. Wir hätten für das Geld etwa 90 Levi bekommen sollen, bekamen aber nur 35.
Anschließend schauen wir auf der Suche nach einer Pension durch Ruse finden aber nichts. An der nächsten Tankstelle wird der gröbste Dreck von den Fahrrädern gekratzt, dann fahren wir weiter. Es ist schon jetzt deutlich hügliger als in Rumänien. Etwa 20 km landeinwärts finden wir ein recht teures Motel mit ziemlich unterklassigen Standards. Aber wenigstens haben sie einen Wasserschlauch, so dass wir die Räder und Taschen sauberbekommen.
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25.11.02 – Tag 18
Etappe 18: Bebovo – Smjadovo (119,15 km)
Schnitt: 19,1 km/h
Höhenmeter: 947
Wetter: Gegenwind, sonnig, bis 17 °C

Auf der bisher hügeligsten Etappe verfestigt sich unser Eindruck Bulgarien habe den Kommunismus wesentlich besser verdaut als Rumänien: die Straßen wie die Autos sind besser; es liegt deutlich weniger Dreck herum; Eselskarren sind kaum zu sehen; die Häuser sind besser in Schuß; alles wirkt irgendwie einfach besser, professioneller, moderner. Dies alles läßt die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes zweifelhaft erscheinen. Ansonsten ist außer einem auf dem Dach im Straßengraben liegendem Auto und einem faszinierenden Gebäude bei Sumen nichts interessantes passiert.
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26.11.02 – Tag 19
Etappe 19: Smjadovo – Burgas (133,71 km)
Schnitt: 17,9 km/h
Höhenmeter: 997
Wetter: Morgens dichter Nebel dann stark bewölkt gegen Abend sonnig, bis zu 15°C, Nachmittags Gegenwind

Zunächst schien alles glatt zu verlaufen, wir machten sogar bei unserem allmorgendlichen Brotkauf einen Glücksgriff, das Brot war ofenwarm, äußerst schmackhaft und dazu noch billig (Bäckerei links der 73er Magistrale in Veselinovo). Als wir aber die zweite Passhöhe des Tages erreichten überfiel uns ein Rudel wilder Hunde. In der wilden Hatz bergab war es uns möglich die Hunde soweit auszulaugen das wir sie auch in der Ebene auf Distanz halten konnten. Nach längerem taktieren konnten wir sie schließlich vor Burgas auf die Stadtautobahn locken. Dort konnten wir durch geschickte Spurwechsel immer kurz vor einem vorbeirasenden Laster unsere Verfolger dezimieren. Nun waren wir fast bereit zum Endkampf. Während einer von uns die Hunde auf dem Parkplatz beschäftigte rüstete der andere in der Billa auf. Kurz hinter Burgas kam es zu Showdown: Zuerst schleuderten wir der Meute unsere aus Seife gebauten Bomben entgegen. Der versprengte Rest der Bestien stellte uns schließlich zum Nahkampf. Gerade noch rechtzeitig konnten wir einen dichten Mehlstaubnebel erzeugen um ihre Zielerfassung zu stören. Nun war es uns ein leichtes die irritierten Feinde zu umgehen und ihnen hinterrücks die rumänische Haselnußcreme ins Maul zu stopfen. Die enthaltenen Giftstoffe entfalteten unmittelbar ihre tödliche Wirkung. Den Rest des Abends konnten wir uns im Schein des wohlig warmen Fellfeuers an saftigem Hundefleisch laben. Die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes sind wohl doch nicht so ganz unberechtigt.
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27.11.02 – Tag 20
Etappe 20: Burgas - Kirklareli (117,67 km)
Schnitt: 16,9 km/h
Höhenmeter: 1600
Wetter: Vormittags trüb Nachmittags klar

Heute ging es ganz schön ab und auf und ab und auf und in die Türkei und ab und auf und ab.
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28.11.02 – Tag 21
Etappe 21: Kirklareli - Gümuschpinar (114,26 km)
Schnitt: 16,2 km/h
Höhenmeter: 1075
Wetter: Schön warm

Wir haben einen Schwarm von schwarzen Punkten gesehen. Es ließ sich nicht feststellen, was es war, sah aber ganz interessant aus, weil der Schwarm scharf begrenzt war.
Während des ganzen Tages haben wir immer wieder Polizei, Gendarmerie und Militär gesehen. In Rumänien und Bulgarien war innerhalb von drei vier Tagen ein Polizeiwagen zu sehen, hier waren es drei vier pro Stunde. Außerdem hat das Militär in jedem größeren Dorf einen Kaserne. Es war ein bisschen schwer, einen Campingplatz zu finden, weil alles dicht bewachsen oder besiedelt war. Sonst war heute nix los.
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29.11.02 – Tag 22
Etappe 22: Gümuschpinar - Istanbul (78,64 km)
Schnitt: 15,6 km/h
Höhenmeter: 845
Wetter: Schön warm

Es war sehr neblig morgens und der alltägliche Frühstücksberg war besonders lang. Der Moloch begann bei Kilometer 42. Der Abstand von Laster zu Lenker schrumpfte von 2m auf eine Handbreite. Es ging immer noch steil auf und ab. Die Hupe wurde zum allgegenwärtigen Hintergrundgeräusch. Weiter aufs Zentrum zu wurde der Verkehr immer langsamer und wir dadurch, relativ gesehen, schneller, weil nun Spurwechsel und rechts überholen möglich wurde. Außerdem ging es kontinuierlich leicht bergab.
Bei der Pensionssuche konnten wir erstmals unser Verhandlungsgeschick auf die Probe stellen. Schließlich sind wir in einem Hotel für 15 € die Nacht geblieben. Abends haben wir dann gleich noch einen Japaner, einen Australier und einen Berliner kennengelernt, die uns dann mit weiteren Langzeitreisenden bekannt gemacht haben. Besonders interessant ist ein Schweizer, der auf der selben Route Richtung Iran fährt. Allerdings hat er sein Visum schon letzte Woche beantragt, er wird also wohl ein bisschen früher weiterfahren.
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Kommentare und Anregungen sind uns immer willkommen.